Wissenswertes über die Stadtkirche in Bietigheim

Altar mit Kreuz vor dem Chor der Stadtkirche

Die Entstehung der Bietigheimer Stadtkirche ab 1400 ist eng mit dem Hause Württemberg verbunden. Graf Eberhard III, der Milde, (1364 - 1417) war in 1. Ehe mit der Gräfin Antonia Visconti aus Mailand (+ 1405) verheiratet.
Ihr waren die Einkünfte der Ämter Brackenheim, Bietigheim und Marbach zur Sicherung ihrer bedeutenden Mitgift überlassen. Gräfin Antonia Visconti und Hugh von Venningen mit seiner Frau Klara von Stein, denen 1/3 von Bietigheim gehörte erbauten zusammen mit der Bürgerschaft die Stadtkirche auf dem Trümmerfeld der um 1290 bei einer Fehde durch Graf Eberhardt II zerstörten Ganerbenburg.
Einer der Gründe war, dass die seitherige Pfarrkirche weit außerhalb der Stadt beim Friedhof Sankt Peter lag. Nachdem die Gräfin Antonia Visconti bereits 1405 verstarb, beendete Graf Eberhard, der in der Zwischenzeit alleiniger Besitzer von Bietigheim war, um 1411 den Bau. Die der hl. Maria geweihte Kirche war bis 1496 Kapellenkirche, in der nur Frühmessen abgehalten werden durften, da der Bischof von Speyer sich  weigerte, die Pfarrrechte auf die neue Kirche zu übertragen. So wurde von der Jahrhundertwende 1400 an über der Burgkapelle der ungewöhnlich hohe Chor mit seinem 5/8 Schluss erbaut und durch einen Lettner von dem ursprünglich nur 12,40 m breiten und 23,60 m langen Kirchenschiff getrennt.
Im Jahr 1464 wurde auf der Nordseite des Chors eine Sakristei angebaut. Als Glockenturm mit 4 Glocken diente der Rest des Bergfrieds der früheren Burg, welcher als Stadt- und Landwachtturm ausgebaut war und gleichzeitig als Kirchturm diente.

Dieser Turm stürzte in der Nacht zum 1. März 1542 ein und zerstörte die Kelter, den herzoglichen Kornkasten, verschiedene Häuser und die Nordseite des Langhauses. Beim Wiederaufbau wurde die Nordwand der Kirche um 4 Meter hinausgerückt, wodurch die Symmetrie des Bauwerks zerstört wurde. Chor und Kirchenschiff verloren ihre gemeinsame Achse. Mit dem Neubau des jetzigen Kirchturms wurde sofort begonnen, da er die Rolle des Stadt- und Landwachtturms zu übernehmen hatte. Er wurde 1447 vollendet und sah mit der in Fachwerk ausgeführten Türmerwohnung als oberstes Geschoss über dem Umgang im Wesentlichen so aus wie heute.

1721 brannte es in Altstadt; auch das Pfarrhaus wurde ein Raub der Flammen. Die Kirche wurde an der Nordwand so stark beschädigt, dass der Dachstuhl erneuert werden musste. Daher rühren die nicht mehr überall die gleichen Dachneigungen.

1891/92 erfolgten in der Stadtkirche Umbauten durch den Arichtekten Heinrich Dolmetsch: Emporen auf Holzstützen wurden eingebaut und die Kirche dreischiffig gestaltet. Dafür wurde das 1. Geschoss des sehr stabilen Dachstuhls abgebaut und der Chorbogen erhöht. Der Architekt erfüllte so den Wunsch der damaligen Zeit nach mehr Platz in der Kirche. Zugleich sollte die Symmetrie in der Kirche wieder hergestellt werden. Die Orgel aus Chorraum im Osten wurde auf die Westseite auf die Empore verlegt. Leider ging durch diese Umbaumaßnahmen die Stabilität des Kirchendaches verloren.

Blick auf die Orgelempore

1972/74 musste darum erneut renoviert werden wegen dem drohenden Einsturz des Kirchenschiffs. Fast alle Veränderungen von Heinrich Dolmetsch wurden entfernt und die Kirche wieder zurückgebaut, der Chorbogen wieder zurückgenommen und das heutige Tonnengewölbe eingebaut. Viel wurde mit dem damals moderne Baustoff Beton gestaltet. Die Meinungen darüber sind bis heute unterschiedlich.
Insgesamt gesehen wurde durch diese Renovierung die Kirche heller gemacht.